Date:10. Feb 2008

“Gottes Antlitz, wie es aus dem Zeitgeschehen aufstrahlt”

Zeichen der Zeit

Taube - Symbol des Heiligen Geistes

 

Wenn wir von “Spurensuche” reden und sie praktizieren, dann heißt das, dem Gott des Lebens begegnen, wie er sich in der Zeit ausspricht. Dazu heute eine mehr grundsätzliche Überlegung im Anschluss an das, was Pater Kentenich, der Gründer der Schönstattbewegung, praktiziert und gelehrt hat. Von ihm ist die Aussage überliefert:

“Wer mich bildlich darstellen will, muss es so tun: das Ohr am Herzen Gottes und die Hand am Pulsschlag der Zeit.” (1955)

Stimmen in der Zeit hören und sich fragen: Was ist da gesagt? Gibt es darin nicht auch Gottesbotschaften? Hier der Ausdruck von Kentenich: “Zeitenstimme”.

Es geht dabei nicht so sehr um die “objektive” Beschaffenheit der Zeit, um ihre Probleme, um die Situation, insoweit man diese z. B. auch statistisch erfassen kann. Gemeint sind die Meinungen und Wertungen, die es in einer Zeit gibt. Ihre Mentalität, Grundstimmung, Grundzüge, Moden, ihre Sensibilität, ihr Bewusstsein ihr Lebensgefühl. Es sind ihre Strömungen, ihre geistig-seelischen Bewegungen. Diese sind in den “Seelen” und im Geist der Menschen. Aber gleichzeitig, wie eine objektive Gestimmtheit, wie ein “objektiver Geist”, in der Zeit vorgegeben. Der einzelne lebt in ihnen, in unterschiedlicher Dichte und Bewusstheit, wie in einer Luft.

So wie mit der Natur verbundene Menschen die Bewegungen, die Geräusche, die Stimmen, die Stimmung der Natur kennen, weil sie diese feinfühlig beobachten und dabei in dieser Fähigkeit immer mehr wachsen, so gilt es, die Zeit zu beobachten und zu hören, was sie sagt. Diese Zeit ist der Ort, an dem der Mensch zu Hause ist und wohnt.

Diesen Aspekt gilt es gleichsam zu taufen. Darin gilt es, Gott zu erkennen. Das geschieht dadurch, dass Zeitenstimmen als Gottesstimmen erkannt und gewertet werden. Hier hat sich der “praktische Vorsehungsglaube” in seiner Ausprägung der Spurensuche zu bewähren. Hier begegnet der Mensch dem lebendigen Gott, dem Gott des Lebens. Zeitenstimmen seien “Dolmetscher des göttlichen fordernden oder ablehnenden Willens” hebt Kentenich hervor (1953).

Besonders aussagekräftig ist folgender Text :

“Noch stärker als die Seinsstruktur der Dinge lebt (…) die weitere Erkenntnisquelle, aus der sich Gottes Wunsch und Wille ermitteln lässt: Zeitströmungen und Weltgeschehen, Führungen und Fügungen im eigenen und im Familienleben… Vox temporis vox Dei -Die Stimme der Zeit ist die Stimme Gottes.”

Noch einmal lassen wir die wunderschöne Aussage der Überschrift auf uns wirken: Gottes Antlitz, wie es aus dem Zeitgeschehen aufstrahlt. Dieses Antlitz suchen, sehen, verehren und lieben ist eine stets neue und vor allem hoch interessante Aufgabe. Religion kann tatsächlich etwas äußerst Interessantes sein.

Herbert King