Vor kurzem habe ich angefangen, im neuen Buch von Tomas Halik zu lesen, dem tschechischen Priester und einem der bedeutendsten christlichen Autoren unserer Zeit: „Der Nachmittag des Christentums – Eine Zeitansage“. Der Titel hat mich angesprochen, weil der Fokus nicht auf dem Mittag liegt und es „5 vor 12“ ist.
Halik sieht das Christentum nach den Erschütterungen der letzten Jahrzehnte nicht am Ende, sondern in seiner nachmittäglichen Epoche mit der Chance, an einer neuen Menschheitskultur mitzuwirken. Da denkt man als Schönstätter gleich an eines unserer Schlüsselworte von der „Bündniskultur“, in der Menschheitsfamilie und Gott zusammenwirken.
Interessant finde ich Haliks Sicht von drei „Aufklärungen“:
- Die 1. (17./18. Jh.) zielte auf die Emanzipation der Vernunft von der Vorherrschaft der kirchlichen Tradition und Autorität;
- die 2. (68er Zeit) verfolgte die Befreiung der Emotionalität inklusive der Sexualität von der Vorherrschaft gesellschaftlicher Konventionen;
- der 3. (seit etwa 25 Jahren) gehe es um den Respekt vor der Natur, befreit von der Dominanz einer technisch-ökonomischen Manipulation und vor Minderheiten jeglicher Coleur.
Ihm fällt dabei auf, dass, anders als bei den beiden vorherigen Aufklärungen, die heutige (junge) Generation offenbar keine hoffnungsvolle, innerweltliche Zukunftsvision hat, sondern eher mit düsteren Erwartungen unterwegs ist.
Wir ChristInnen leben aus der Energiequelle der Auferstehung Jesu Christi. Sie markiert noch mehr als der Zeitpunkt seiner Geburt – mit der jetzt üblichen Zeiteinteilung vor und nach Christus – die eigentliche Zeitenwende: Der Tod ist nicht endgültiges, sinnvernichtendes Ende, das Leben ist eine unendliche Kategorie. Die Perspektive ist nach vorne, von vorne geöffnet. Aus der Zukunft kommt uns Gott jeden Tag im auferstandenen Christus entgegen.
Hier und heute können wir uns wandeln in allem, was uns enttäuscht, verstört, verletzt. Wenn ChristInnen dieses Hoffnungspotential in erlöste Ausstrahlung und solidarische Liebe umsetzen können bzw. wenn der Herr selbst durch sie das voll-bringen kann, dann ist das ein ermutigender „Durchblick“. „Siehe, ICH mache alles neu!“ (Offb 21,4).