Glaube und Engagement

Kirchen-Geschichten

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Was bedeutet der Glauben für mich?

Dazu fällt mir als erstes ein, dass ich in eine Familie hineingeboren bin, die den katholischen Glauben lebte und zelebrierte. Ich bin sozusagen hineingewachsen. Nach Kommunion und Firmung habe ich versucht, den Glauben so weiter zu leben, wie ich es von den Eltern und im Religionsunterricht erlernt habe. Dann aber wurde ich oft auch kritischer und hinterfragte so manches, was mir nicht konform war mit dem, was ich vorher ungefragt einfach übernommen hatte. Ich bekam aber keine zufriedenstellenden Antworten auf meine Fragen. Sicher war für mich aber immer – Gott ist da für mich und hält mich, egal, was passiert.

Später erlebte ich eine Zeit, in der ich – durch die Sucht meines Mannes und der damit zusammenhängenden Probleme – sehr an meinem Glauben, an Gott gezweifelt habe, eine Zeit, wo ich mich allein gelassen fühlte. Ich habe gerungen mit meinem Glauben, mit Gott, weil ich ihn nicht erfahren konnte – so meinte ich damals jedenfalls und es folgte eine Zeit, die es mit sehr schwer machte, mich Gott, meinem Glauben und der Kirche wieder zu nähern und mich darauf einzulassen.  

Es war für mich eine sehr schwere Zeit und ich merkte in dieser Zeit erst so recht, was ich vermisste. Ich brauchte jemanden, mit dem ich über meinen Glauben, meine Zweifel, meine Hoffnung reden konnte und Zuversicht gewinnen konnte. Nach vielem Suchen habe ich einen geistlichen Begleiter gefunden, einen katholischen Priester, der mir half, aus meinem Kinderglauben heraus weiterzugehen und als Erwachsene selbstbestimmt mich mit meinem Glauben und den daraus resultierenden Fragen auseinanderzusetzen. Ich bin in einen Bibelkreis gegangen, wo wir uns regelmäßig jeden Monat mit bestimmten Bibelstellen auseinander gesetzt haben und habe Bücher gelesen, die viele Bereiche der Heiligen Schrift erklären.

Das alles eröffnete mir ganz neue Wege, meinen Glauben zu spüren und zu leben. Es war für mich, als hätte ich einen Schatz gefunden, der für mich bestimmt ist und es machte mich froh und glücklich. Zum ersten Mal in meinem Leben merkte ich – das Evangelium verkündet mir eine frohe Botschaft!!!

Durch regelmäßiges Bibelstudium spürte ich, dass mein Glaube lebendig wurde – das die Bibel kein unterhaltsames Buch für mich ist, das von alten Geschichten erzählt, sondern – das diese „Geschichten“ auch heute noch etwas mit mir zu tun haben.

So viele dieser Kapitel und Verse haben mir in den folgenden Jahren geholfen, mein Leben in den Griff zu bekommen und zu einem zufriedenen Menschen zu werden.

Heute kann ich sagen: Mein Glaube ist das wichtigste und kostbarste, dass ich habe – er ist meine Lebensrettung! Ich glaube daran, dass ich nie tiefer falle als in Gottes Hand und dass ich, wenn meine Zeit zu Ende geht, bei ihm geborgen sein werde.

Dieses Geschenk – das Gott mich liebt und will, dass es mir gut geht, erfüllt mich mit unendlicher Dankbarkeit. Meine Zweifel, mein Ringen – sie waren nicht umsonst – sie waren Weggefährten auf meinem Weg zu Gott.

Was bedeutet ehrenamtliches Engagement in der Kirche für mich?

Durch Erfahrung meines Glaubens bekam ich Mut – und wurde von meinem geistlichen Begleiter (der inzwischen zu einem guten Freund unserer Familie wurde) eingeladen, mich in der Kirche einzusetzen. Zuerst fing ich an als Katechetin bei der Erstkommunion meiner Kinder. Dann bereitete ich Kinder- und Familiengottesdienste mit vor und wurde Katechetin für Gruppen von Firmlingen. Diese ehrenamtlichen Einsätze in der Kirche brachten mir einen ganz neuen Zugang zur Kirche. Mit den Jahren übernahm ich die Vorbereitung der Familien- oder Kindergottesdienste öfter auch alleine. Es machte mir so viel Freude, zusammen mit den Kindern und Jugendlichen über den Glauben zu sprechen und zu versuchen, ihnen etwas mitzugeben von der frohen Botschaft.

Ich spürte, dass die „Kirche“ kein abstraktes Gebäude mehr für mich war und die Institution Kirche mir Raum gab, mich selbst in dieser Kirche einzubringen. Ich war endlich vollwertiges Mitglied dieser Kirche geworden, war ein Teil von ihr! Denn mit wurde klar, dass „Kirche“ nur lebendig sein kann, wenn viele Menschen sich vor Ort engagieren und so eine wirkliche Gottesdienst-Gemeinschaft entsteht, die aus dem Glauben leben kann.

Als in unserem Bistum der Lektorendienst eingeführt wurde, war ich sofort dabei. Das machte mir Freude, hatte ich doch schon als Kind in den Schulgottesdiensten Texte gelesen.

Seit fast vierzig Jahren schreibe ich auch den Lektorenplan, in dem die Lektoren für ihren Dienst eingeteilt werden. Das ist eine Arbeit, die ich gerne übernommen habe.

Ich traute mir zu, einen Kurs für die Gestaltung von Wortgottesdiensten zu machen. Das waren Dinge, die ich vorher nie in Betracht gezogen hätte. Dort lernte ich den Ablauf eines Gottesdienstes und wie die Gestaltung ausgefüllt werden konnte. Es machte mich so froh, dass ich diese Eindrücke dann später immer öfter umsetzen konnte und die Rückmeldung vieler Menschen bestätigte mich in meinem Einsatz. Es tat gut, zusammen mit anderen Menschen Wege zu suchen, Gott zu erfahren und anderen zu helfen. In einer guten Gruppe von Menschen aus meiner Pfarrei, die sich regelmäßig traf, um Wortgottesdienste vorzubereiten, merkte ich, wie gut es tut, sich immer wieder mit Themen auseinanderzusetzen, die wir in diesen Gottesdiensten ansprechen wollten. So wurden unsere Wortgottesdienste, Andachten und Taizé-Gebete lebendig und erreichten viele Menschen, die sich darauf einlassen konnten. Dafür bin ich immer noch dankbar, hier denke ich auch besonders an die vielen Wortgottesdienste mit Frauen im Kreuzbund und später im Gender-Bereich. Ich möchte sie nicht missen – auch ich wurde dabei reich beschenkt.

Ich wollte mitgestalten! Da mir die Arbeit in der Pfarrei so viel Freude machte, habe ich mich auch in den Pfarrgemeinderat wählen lassen und war zwanzig Jahre Mitglied – davon zwölf Jahre als Vorsitzende. Diese Zeit meines Lebens möchte ich nicht missen. In dieser Zeit habe ich so viel gelernt und mein Horizont hat sich dadurch sehr erweitert. Ich setzte mich nicht nur mit Anliegen und Aufgaben in meiner Pfarrei auseinander, sondern es kam auch eine andere Dimension mit hinein – die Weltkirche. Wir haben Aktionen für Missio durchgeführt und für Bolivien – das Partnerland unserer Diözese. Außerdem haben wir Aktionen gestartet, welche die Caritas unseres Bistums und die Malteser in ihrer Arbeit unterstützten, sowie ein Mutter-Kind-Heim des Sozialdienstes katholischer Frauen in Trier. Die Arbeit als Vorsitzende war nicht immer leicht, denn es gab auch manchmal Konflikte, die ausgetragen werden mussten. Dabei kam mir dann aber schon meine Kreuzbund-Erfahrung zugute, hatte ich doch in der Gruppe gelernt, wie damit umzugehen ist. So wurde ich immer sicherer und konnte auch Einiges vermitteln, was den Umgang miteinander sehr erleichterte und uns zu einer guten Gemeinschaft zusammenwachsen ließ. Bei Besinnungstagen vertieften wir unseren je eigenen Glauben und haben so eine gute Basis geschaffen, uns für unsere Pfarrei einzusetzen.

Später kam der Dienst der Kommunionhelferin dazu, der mir auch sehr wichtig ist. So bringe ich auch älteren Menschen, die krankheitsbedingt nicht mehr zur Kirche gehen können regelmäßig die Krankenkommunion. Zuerst hatte ich ein mulmiges Gefühl, da ich dachte, es sei schwer, mit Menschen zu reden, die zum Teil eine sehr schwere Krankheit haben. Doch bereits mein erster Besuch bei einer älteren Dame, die sehr schwer krank war, nahm mir diese Angst. Sie freute sich so sehr, dass ich zu ihr kam und ihr die heilige Kommunion bringen wollte, dass es mir leicht fiel, mit ihr zu reden. So merkte ich gleich, diese Menschen, die nicht mehr viel Zugang zur Gesellschaft haben, freuen sich, wenn man zu ihnen kommt. Daher ließ ich ihnen erst mal Zeit, zu reden – es entwickelten sich sehr gute Gespräche – und dann haben wir zusammen einen kleinen Wortgottesdienst gefeiert und die heilige Kommunion empfangen. Sehr oft ging ich dann ganz froh nachhause und war sehr dankbar, dass ich diese Aufgabe erfüllen durfte.

Mit ganz besonderem Engagement singe ich im Kirchenchor in unserer Pfarrei St. Cosmas und Damian in Gutweiler. Die Alt-Stimme ist manchmal zwar etwas schwierig, doch diese Herausforderung nehme ich gerne an. Auch in unserem Chor herrscht eine sehr gute Gemeinschaft – das zeigt sich nicht zuletzt dadurch, dass wir seit vielen Jahren keinen Vorstand mehr brauchen, sondern alles gemeinsam besprechen. Es gibt – außer unserem Chorleiter – lediglich eine Kontaktperson für Ansprechpartner/innen von außen und einen Notenwart. Wir besprechen, welche Lieder wir wann singen und welche Auftritte wir außer den Gottesdiensten annehmen. Ein besonderes Highlight ist jedes Jahr unsere Chorfahrt, die uns schon in viele schöne Orte geführt hat.

Durch diese detaillierte Beschreibung meines Ehrenamtes in der Kirche wollte ich aufzeigen, wie viele Chancen es gibt, sich ehrenamtlich in der Kirche einzubringen und seinen Glauben mit Freude weiterzugeben, dass heißt ja nicht immer, nur jeden Sonntag unbedingt in die Kirche zu gehen, sondern im Alltag seinen Glauben zu leben im Umgang mit Menschen, denen man dann und wann etwas Zeit schenkt.

Zusammenfassend kann ich heute sagen, dass mich mein Leben aus dem Glauben so sehr erfüllt, dass ich gerne so viel wie möglich davon weitergeben möchte. In vielen Gesprächen mit Kindern, Jugendlichen, Männern und Frauen habe ich erlebt, wie fruchtbringend ein lebendiger Glaube sein kann und wie froh es macht, sich auf das Evangelium der Liebe Christi einzulassen.

Lydia Kinzig