Fliegenfänger

Hingeschaut

Weinberger Fliegenfänger - Foto: Klaus Glas

Lois Weinberger “Fliegenfänger” – Foto:  Klaus Glas

Vor einigen Tagen besuchte ich mit Frau und Freunden das berühmte „Städel“ in Frankfurt am Main. Wir besuchten dabei auch den Erweiterungsbau, in dem eine Sammlung von Gegenwartskunst gezeigt wird. Auf über 3000 Quadratmetern werden in dem unter dem Städel-Garten gelegenen Museumsteil Werke zeitgenössischer Künstler von Joseph Beuys bis Andy Warhol ausgestellt.

Eher beiläufig stößt man auf ein Werk von Lois Weinberger mit dem unscheinbaren Titel „Fliegenfänger“. Auf dem Bild sind zwei leimbedeckte Pappstreifen zu einem römischen Kreuz geformt. Der klebrige Untergrund ist übersät mit Hunderten toter Fliegen. Mehrmals gehe ich an diesem Bild vorbei, das aus Fliegen, Messingnägel, Reißnägel und Holzrahmen zusammengesetzt und dem Museum aus Privatbesitz geschenkt wurde.

Ich bin mir nicht sicher: Ist das Verballhornung oder Blasphemie? Kunst oder Krempel?

In jedem Fall bin ich nachdenklich geworden. Gehöre ich einer Gruppe dummer Menschen an, die Jesus auf den Leim gegangen ist? Mir geht durch den Kopf: „Was hat dieses Werk hier zu suchen, das möglicherweise religiöse Gefühle verletzt?“ Die Kunst scheint in deutschen Landen über alles erhaben zu sein.

 Hernach besuchten wir den Mainflügel des Museums, in dem eine großartige Sammlung „Alter Meister“ (1300 bis 1800) präsentiert wird. Hier fühlte ich mich sofort wohl und ja: erhaben! Ich staunte über das Können von Bosch und Botticelli, Cranach und Dürer, Rembrandt und Rubens. Und intuitiv war mir klar: Vor diesen Künstlern wird man sich noch in 100 Jahren ehrfürchtig verneigen.

Klaus Glas