Date:16. Feb 2003

Fastnacht

Gebet

 

Ich stand in der vierten Reihe 
am Rande des Mainzer Kindermaskenzuges.
Einige Karnevalsgesellschaften zogen mit,
ihre Spielmannszüge beschallten die Ludwigstraße
mit närrischer Musik.
Mein linkes Ohr hörte die letzten Takte von “Humba, humba, täterä”,
das rechte gewöhnte sich bereits 
an das immer lauter anschwellende “Da wackelt de’ Dom”.
Und zwischendurch marschierten dutzende von Schulklassen
in Hochstimmung und mit lautem “Helau”
an den Zuschauerreihen vorbei.
Tolle Masken hatten sich die Schüller
klassenweise einfallen lassen.

Und mitten in diesem närrischen Treiben
und als Teil dieses Treibens stehe ich.
Mit den unzähligen Eltern und Kindern
reiße ich meine Arme nach oben
und schreie aus voller Kehle “Helau”.

Die anschwellende Lautstärke der Rufe
kündet jeweils einen Höhepunkt an:
Eltern und Kinder in meiner Nähe haben jemanden entdeckt,
der im Zug maskiert mitläuft:
ein Kind, ein Geschwister, ein Lehrer, eine Freundin.
Und die sollen schließlich merken, 
dass wir sie entdeckt haben.
Dieses Aufmerksammachen gelingt nur,
wenn wir noch lauter rufen als alle anderen.

Und während ich nachdenke,
wie ich in diesem Treiben deine Spur,
Gott der Freude und des Lachens,
entdecken kann,
fällt mir ein:
“Helau” ist eine Verballhornung von “Halleluja”.

In der Fastenzeit wird dieses “Halleluja” nicht mehr erklingen.
So schallt in diesen Tagen vor der Fast-Nacht
dir in anderer Form ein Lobpreis entgegen.
Die wenigstens der Narren werden bei ihrem “Helau”
an dich denken.
Da du überall dort nahe bist, 
wo Menschen in Freude um mit lachendem Gesicht
einander Freude bereiten,
wirst du dieses unbewusste Lob dennoch gerne entgegennehmen.
Auch mein Lob – mittendrin.

HB