Erzbischof Dr. Stefan Heße

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Energie in der Krise

Zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz sind im Bundestag kürzlich regelrecht die „Funken“ geflogen. In dem energischen Schlagabtausch ging es um die Energiekrise, die durch die nahende kalte Jahreszeit auf eine wenig vorbereitete Gesellschaft zurollt. Versorgungsengpässe, ins unermessliche steigende Energiekosten und ihre harten Konsequenzen für Privathaushalte und Wirtschaft stimmen nachdenklich und beunruhigen.

In ihrem Ringen suchen beide Politiker nach zeitnahen Antworten auf die Sorge der Menschen. Langfristig wird über die Frage nach der richtigen „Energie der Zukunft“ debattiert: LNG, der Ausbau von Windkraft und weitere alternative Modelle der Energiegewinnung sind im Gespräch. Die Energie ist in der Krise. Wie so oft im Leben, erkennen wir die Bedeutung und den Wert von Vielem erst dann, wenn es uns abhandenkommt, plötzlich limitiert wird.

Es gibt eine Energie, derer wir uns immer sicher sein können. Die Bibel spricht an vielen Stellen von der „energeia“ Gottes, übersetzt heißt dies „Wirksamkeit“. Gottes Kraft ist immer am Werk. Diese Wirksamkeit Gottes ist ähnlich wie die Energie, die man an einem sichtbaren Effekt erkennt, z.B. Wärme oder Licht. So auch die Kraft Gottes, die überall dort wirksam und sichtbar wird, wo Güte, Vergebung und Geschwisterlichkeit gelebt wird. Wir selbst sind Empfänger dieser energeia, dürfen und sollen diese dann aber auch weiterleiten und teilen.

Vielleicht kann der Gedanke an die Wirksamkeit Gottes in der Welt – trotz aller Widrigkeiten – uns Mut machen und unseren Blick weiten. Der zugedrehte Gashahn sorgt bei uns für Unsicherheit und Angst, insbesondere in Anbetracht einer aus den Fugen geratenen Welt. Wenn der Winter in diesem Jahr sich etwas kühler und dunkler ankündigt, wissen wir uns dennoch in Sicherheit. Die Menschen in der Ukraine können das nicht behaupten. Das habe ich bei meinem Besuch dort spüren dürfen.

Für sie wird dieser Winter in weitaus dramatischer Weise eine bedrückende Jahres- und Lebenszeit. Immer wieder bitten sie uns, dass wir sie nicht vergessen sollen, gerade weil der Krieg schon so viele Monate andauert. Kommen wir diesem Wunsch nach und behalten unsere ukrainischen Geschwister in unseren Gedanken und Gebeten. Leisten wir humanitäre Hilfe, die mit so großer Dankbarkeit angenommen wird. Bei den Begegnungen in der Ukraine diesen Sommer, konnte ich mit vielen Menschen sprechen, die mir diesen Dank und die Bitte um weitere Unterstützung mit auf den Weg gaben. Erbitten wir die Kraft und den Frieden, der von Gott kommt, damit er in dieser zerrütteten Welt wirksam werden kann.


Erzbischof Dr. Stefan Heße, Hamburg

 

Siehe Veröffentlichung: basis-online.net