Epiphanie – Christus ist erschienen

Zentrum des Bildes von Peter Bruegel ist das Kind auf dem Schoß seiner Mutter. Der Künstler zeigt uns keine idealisierten Personen, sie tragen wenig schöne, zum Teil Karikaturen ähnlich Züge. Auch die drei Weisen aus dem Morgenland, die dem Kind huldigen, wirken nicht wirklich königlich. Sie sind Repräsentanten der drei damals bekannten Erdteile, für den Prediger Leo den Großen Vorläufer der universalen Kirche ex gentibus. Gerade deshalb erklärungsbedürftig, dass Peter Bruegel das Gesicht des schwarzen Königs durch geschickte Anordnung fast im Hintergrund verschwinden lässt.
Unter Führung des Sterns machen sie sich auf den Weg, nicht eine astrale Schicksalsmacht führt sie, sondern ein Zeichen, das sie der Gnade des Schöpfers der Gestirne verdanken. Die Magier kehrten zurück in ihre Heimat. „Aber was sie erfuhren, genügte, sie zu Fremdlingen im eigenen Land zu machen. Zurückgekehrt zu ihrem Volk, konnten sie nicht zurückkehren zu den Göttern, zu denen es die Hände erhob. Die Geburt, die sie gefunden hatten, hatte sie der alten Welt absterben lassen“, so denkt das Gedicht Journey of the magi von T.S. Eliot, in der Interpretation von Alex Stock, die Überlieferung weiter.


Alle Könige müssen ihm huldigen,
alle Völker ihm dienen.

(Psalm 72,11)

Bild: Anbetung der Könige –  Pieter Bruegel d. Ä, 1564
Öl auf Holz, 108 x 83 cm –  National Gallery, London

zum Bild: >> Anbetung der Könige1

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Alttestamentliche Lesung: Jesaja 60, 1-6

Auf, werde licht, denn es kommt dein Licht und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir. Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht leuchtend der Herr auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir. Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz. Blick auf und schau umher: Sie alle versammeln sich und kommen zu dir. Deine Söhne kommen von fern, deine Töchter trägt man auf den Armen herbei. Du wirst es sehen und du wirst strahlen, dein Herz bebt vor Freude und öffnet sich weit. Denn der Reichtum des Meeres strömt dir zu, die Schätze der Völker kommen zu dir. Zahllose Kamele bedecken dein Land, Dromedare aus Midian und Efa. Alle kommen von Saba, bringen Weihrauch und Gold und verkünden die ruhmreichen Taten des Herrn.

Kehrvers:

Alle Völker kommen und beten ihn an (Psalm 86,9)

Psalm 86, 3-5.8-11.16-17

Du bist mein Gott. Sei mir gnädig, o Herr!
Den ganzen Tag rufe ich zu dir.
Herr, erfreue deinen Knecht;
denn ich erhebe meine Seele zu dir.
Herr, du bist gütig und bereit zu verzeihen,
für alle, die zu dir rufen, reich an Gnade.
Herr, unter den Göttern ist keiner wie du
und nichts gleicht den Werken, die du geschaffen hast.
Alle Völker kommen und beten dich an,
sie geben, Herr, deinem Namen die Ehre.
Denn du bist groß und tust Wunder;
du allein bist Gott.
Weise mir, Herr, deinen Weg;
ich will ihn gehen in Treue zu dir.
Richte mein Herz darauf hin,
allein deinen Namen zu fürchten!
Wende dich mir zu und sei mir gnädig,
gib deinem Knecht wieder Kraft
und hilf dem Sohn deiner Magd!
Tu ein Zeichen und schenke mir Glück!
Alle, die mich hassen, sollen es sehen und sich schämen,
weil du, Herr, mich gerettet und getröstet hast.


Neutestamentliche Lesung:

1. Timotheusbrief 2,4-6; 3,16

Er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Denn: Einer ist Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen: / der Mensch Christus Jesus, der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle, ein Zeugnis zur vorherbestimmten Zeit.
Wahrhaftig, das Geheimnis unseres Glaubens ist groß: Er wurde offenbart im Fleisch, gerechtfertigt durch den Geist, geschaut von den Engeln, verkündet unter den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.

Ruf vor dem Evangelium

(Dies sanctificatus illuxit – gregor. Resp.)

„Ein heiliger Tag ist uns aufgeleuchtet. Kommt, ihr Völker, betet an den Herr, denn heute stieg ein großes Licht zur Erde hernieder.“

Evangelium: Matthäus 2, 1-12

Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er ließ alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden solle. Sie antworteten ihm: In Betlehem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten:
Du, Betlehem im Gebiet von Juda, /bist keineswegs die unbedeutendste / unter den führenden Städten von Juda; / denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, / der Hirt meines Volkes Israel. Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige. Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.


Lied: Sieh, dein Licht will kommen

Maria Luise Thurmair (1912-2005) verlor im Jahr 1938, einer Zeit, in der man sogar Weihnachtsliedsammlungen nach antisemitischen Gesichtspunkten säuberte,
ihre Arbeitsstelle. Die Tirolerin  Thurmair war als Theologin, Schriftstellerin und Lieddichterin die einzige Frau, die später bei der Herausgabe des ersten Gotteslob maßgeblich mitarbeitete. Im Anfang ihres bekannten Advents- und Weihnachtsliedes klingt Jesaja 60 an:

Sieh, dein Licht will kommen,
stehe auf, du Stadt des Herrn,
über dir erstrahlt der Stern,
ist der Tag erklommen.
Werde licht, Jerusalem,
Christus ist erschienen.

Die Aufforderungen „werde licht“, „freue dich“ und „bete an“ sind auf dem Hintergrund prophetischer Vorstellungen des Alten Testaments und der Offenbarung (Offb 21) sowohl präsentisch als auch eschatologisch zu sehen:

Christus ist gekommen,
er, der Herrscher, er, der Herr,
der das Reich, die Macht und Ehr
in die Hand genommen.
Freue dich, Jerusalem,
Christus ist erschienen.

Die letzte Strophe ist im Grunde ein Kurzfassung des Festinhaltes von Epiphanie:

Christus ist erschienen.
Seht, die Zeit des Heils begann;
alle Völker beten an,
alles wird ihm dienen.
Bete an, Jerusalem,
Christus ist erschienen.

Text: Maria Luise Thurmair 1971
Gotteslob 785, 1-3

 

 


Literaturhinweis: Alex Stock, Poetische Dogmatik. Christologie. 4.Figuren, Paderborn 2001, S. 219-240.

Geistlicher Text: Papst Leo der Große (400-461)

Huldvoll gedachte die Vorsehung Gottes, der untergehenden Welt in der der Endzeit zu Hilfe zu kommen, und bestimmte in Christus das Heil für alle Völker vorher. Aus allen Völkern hatte Gott dem Patriarchen Abraham Nachkommenschaft ohne Zahl versprochen, die nicht aus leiblicher Zeugung, sondern aus der Fruchtbarkeit des Glaubens stammen sollte. Er verglich sie mit der Menge der Sterne; denn man sollte von dem Vater aller Völker nicht irdische, sondern himmlische Nachkommen erwarten.
Eintreten, ja eintreten sollen die Völker in die Familie der Patriarchen und als Kinder der Verheißung aus dem Nachkommen Abrahams den Segen des Stammvaters empfangen, von dem sich die leiblichen Kinder lossagen. In den drei Weisen sollen alle Völker den Schöpfer der ganzen Welt anbeten, und nicht bloß in Judäa soll Gott verkündet werden, sondern auf der ganzen Erde, damit überall „sein Name groß ist in Israel“.
In diese Geheimnisse der göttlichen Gnade eingeweiht, wollen wir mit geistlicher Freude den Tag feiern, an dem wir unsere Erstlingsgaben brachten und an dem die Berufung der Heiden begann. Wir wollen dem barmherzigen Gott danken, denn, wie der Apostel sagt, „hat er uns würdig gemacht, Anteil zu haben am Los der Heiligen, die im Licht sind. Er hat uns der Macht der Finsternis entrissen und aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes“. So sagt der Prophet Jesaja: „Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht.“ Von ihnen sagt er zu Gott: „Völker, die dich nicht kennen, werden zu dir rufen, und Völker, die dich nicht kennen, flüchten zu dir.“
Diesen Tag sah Abraham und freute sich, als er die Kinder seines Glaubens erkannte, die in seinem Nachkommen, das heißt in Christus, gesegnet werden sollten, und als er voraussah, daß er durch den Glauben Vater aller Völker sein werde. „Er lobte Gott, fest überzeugt, daß Gott die Macht besitzt zu tun, was er verheißen hat.“ Diesen Tag besang David in den Psalmen: „Alle Völker kommen und beten dich an, sie geben, Herr, deinem Namen die Ehre.“ „Der Herr hat sein Heil bekannt gemacht und sein gerechtes Wirken vor den Augen der Völker.“
Wir wissen, was geschieht, seit die drei Weisen aus der Ferne gerufen wurden und der Stern sie zum König des Himmels und der Erde führte, ihn zu erkennen und anzubeten. Der Dienst des Sternes ruft auch uns zur Nachfolge: daß wir mit allen Kräften dieser Gnade dienen, die alle zu Christus einlädt.
In diesem Streben, Geliebte, sollt ihr alle euch gegenseitig helfen. Zum Gottesreich gelangt man durch den rechten Glauben und gute Taten. Ihr sollt in ihm leuchten als Kinder des Lichtes durch unseren Herrn Jesus Christus, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.

Zitiert aus: Hora lectionis. Die Festtagslesungen der Alten Theologen aus dem Stundenbuch der Kirche, kommentiert von Hans Reinhard Seeliger, Regensburg 1991, S. 28f.

Leo der Große, Sermo XXXIII, in Epiphania Domini 3, 1-3.5, BKV2 54, Th. Steeger, München 1927, 153/9.
https://www.unifr.ch/bkv/kapitel329-4.htm

 


Zusammenstellung: Hansjakob Becker / Anne-Madeleine Plum Dieser Gottesdienst:  Epi A in Patmos Vgl. dazu ausführlich: Hansjakob Becker, „Dies große Wort, geschrieben weiß auf schwarz“. Patmos: Begegnungen mit der Bibel im Kontext von Kultur – Liturgie  – Spiritualität, in: Pietas Liturgica 16, Tübingen 2015.

* Texte aus der Heiligen Schrift sind entnommen aus der Einheitsübersetzung © 1980, Katholische Bibelanstalt GmbH.

Liste der Wort-Gottes-Feiern “Patmos”

Informationen zur Gottesdienst-Reihe “Patmos”