Campo Santo Teutonico, Rom Foto: A.M. Plum
Ein Friedhof als Ort des Überlebens:
Der Campo Santo Teutonico in Rom und Monsignore O’Flaherty
Über Pius XII und seine Rolle zur Zeit des Dritten Reiches wird immer noch diskutiert. Der irische Monsignore Hugh O’Flaherty der am 30. Oktober 1963 in seiner irischen Heimat starb, gehört mit zu diesem Pontifikat.
Über ihn ist jetzt ein Büchlein erschienen, dass es in sich hat. Der Golf spielende, unerschrockene Ire machte den Friedhof der Deutschen in Rom zur Keimzelle eines Netzwerkes, das zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Rom Juden und andere Verfolgte vor Deportation und Tod bewahrte. Ein Stoff für Filme, mit Gregory Peck schon erfolgreich umgesetzt in „The Scarlet and the Black“, deutsch „Im Wendekreis des Kreuzes“. Als Gegenspieler des skrupellosen General Kappler setzte O‘Flaherty nicht nur seine Kontakte zu diplomatischen Kreisen, sondern auch seine Verkleidungskünste und Unverfrorenheit ein, um Leben zu retten. Er gewann über Konfessions- und Landesgrenzen hinweg Verbündete. Der britische Offizier Sam Derry, der Duke of Leeds D’Arcy Osborne, sein Mitverschwörer und Butler John May und der Schweizer Graf Sarsfield Salazar waren die Hauptfiguren. Aber auch die italienische Gräfin Pallavicini, die am Campo Santo Ausweise für Geflüchtete fälschte, und zahllose Helfer aus allen gesellschaftlichen Schichten, die ihr eigenes Leben riskierten und nicht wenige auch opferten.
O‘Flahertys Zimmer im bombengefährdeten Obergeschoss auf dem exterritorialen Campo Santo war das Hauptquartier. Immer mehr Menschen versteckte man dort vor der ‚banda Koch‘ und der SS. immer mehr galt es zu verpflegen. Die deutschen Schwestern wussten Bescheid. Für 70 Personen musste gekocht werden, gegessen wurde in Doppelschicht. Geschlafen zur Not in antiken Sarkophagen. Pius XII. erlaubte den Klöstern Roms die Aufhebung der strengen Klausur, in den Gärten von Castel Gandolfo versteckte er über 12.000 Menschen.
Die römische „Escape Line“ konnte 6.500 Verfolgte retten. Das Bild des sehr großen Mannes in Soutane, der bewusst vor den Augen der Nazis auf der Freitreppe des Petersdoms sein Brevier betet, ist mehr als eine Provokation. Es ist ein Symbol für christlichen Mut, katholische Erkennbarkeit und zugleich Zeichen für Juden und Regimegegner in Todesgefahr: es gibt noch Hilfe. Eine Soutane steht nicht für Konservativismus, sondern kann eine Botschaft ohne Worte sichtbar machen. Vorausgesetzt, der Träger begibt sich dorthin, wo Hilfe nötig ist und Mut verlangt. Das konnte in unserer Zeit auch schon mal ein Pflegeheim im Lockdown sein…
Stefan Heid und Thomas Kieslinger haben das Bändchen „Monsignore O’Flaherty. Der Held des Campo Santo Teutonico“ im Verlag Schell+Steiner herausgegeben. Es liest sich wie ein Krimi mit detaillierter Ortsbeschreibung.
Anne-Madeleine Plum
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