Date:24. Dez 2004

Ein bergender Mantel

Gebet

Winterlandschaft

 

Ich war eine junge Frau von damals 25 Jahren und hatte eine unendlich bittere Enttäuschung erlebt. Ich war so unendlich traurig, verbittert und vom Leben enttäuscht, dass ich nicht mehr weiter leben wollte.(…) Gott war mir so gleichgültig, so wie ich glaubte, dass auch ich ihm gleichgültig bin und er kein Interesse an meinem Leben hat. (…)

Es war Nacht, als sich dieser Zustand der Verlassenheit, der Traurigkeit und Erbitterung zum Höchstmaß steigert. In diese völlige Dunkelheit meines Herzens und meiner Seele hörte ich ganz klar und deutlich eine Stimme, welche sagte: GLAUBE!

Es war mir aber in diesem Zustand, in dem ich mich befand, zu anstrengend und zu schwer, mich mit diesem Wort auseinanderzusetzen und darüber nachzudenken. Und plötzlich wurde ich mit einer wunderbaren, tiefen, innigen Freude, Zärtlichkeit und Lieb erfüllt gegenüber allem Leben. Alles, was ich sah, jeder Stein, jeder Grashalm, jedes Sandkorn, an allem, allem hatte ich eine tiefe und innige Freude. Mein Herz, mein Leib, meine Seele waren erfüllt von Frieden und Liebe gegenüber allem, etwas lebte, was ich sah, war Freude, Freude!

Dieser unsagbare schöne Zustand dauerte vier bis fünf Tage, ebbte dann ganz langsam und behutsam ab. Seit diesem sichtlichen und wunderbaren Eingreifen der liebenden Kraft Gottes in mein Leben habe ich oft in ausweglosen Situationen, in schmerzlicher Trennung von geliebten Menschen, in Enttäuschungen und Verlassenheit, in Einsamkeit und Traurigkeit und Angst Gottes schützende Hand fast körperlich gespürt.

Es war, als legte sich ein bergender Mantel um mich, zugleich merkte und fühlte ich, wie er die Traurigkeit ganz sanft von mir nahm. Im Vertrauen in diese liebende Kraft Gottes, die mich so oft schon getragen, geführt und geschützt hat, gehe ich meinen Lebensweg, glaubend, dass Gott unendliche Freude und Liebe ist.

Eine Franziskanerin von Reute, 69 Jahre.

Aus [Bischof] Gebhard Fürst (Hrsg.): Buch des Lebens. Geschichten vom Leben aus Gottes Kraft. Schwabenverlag, Ostfildern. 2. Auflage 2004, Seite 14-16.

ausgesucht von Pater Herbert King.