Die Maschinen beten?

Kunst und Kultur

FAZ online 13.6.2012

FAZ online, 13.06.2012

Eine herausragende Botschaft von der „Documenta 13“ in Kassel  ist die des Frankfurter Künstlers Thomas Bayrle, der seine Maschinen beten lässt.  Am Eingang zur Documenta-Halle steht seine „Monstranz“, ein Stermotor, der einmal ein Flugzeug antrieb. Sein Motorengeräusch klingt zusammen mit Fürbitten und einem vielstimmigen Rosenkranzgebet, das im Kölner Dom aufgenommen wurde. Bundespräsident Gauck sagte bei seinem Besuch der Ducumenta dazu: „Das habe ich noch nie gesehen!“

Zeitungen und Fernsehen kommentieren vielfältig, was das zu bedeutet habe. Da ist z. B. von Welten die Reden, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben und  hier zusammen geschlossen werden. Mir kommen dazu zwei Überlegungen.

Ich fühle mich erinnert an folgende Stelle aus dem Lukasevangelium (19,37 ff.):

„Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten… Da riefen einige Pharisäer Jesus aus der Menge zu: Meister, bring deine Jünger zum Schweigen!   Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.“

Frage: Hören die Menschen auf zu beten, und die Maschinen beginnen, damit das gesagt wird, was gesagt werden muss? (Laut Umfragen beten in Deutschland etwa fünf Prozent der Menschen regelmäßig. Vor etwa 40 Jahren waren es zehn mal so viele.)

Auch eine andere Perspektive ist möglich:

Wir haben die Welt und den Glauben so weit und so säuberlich voneinander getrennt, dass wir in der Schöpfung, zu der auch die vom Menschengeist erfundene Motoren gehören, Gottes Spuren nicht mehr entdecken können. Vielleicht brauchen wir darum die Kunst, die uns lehrt, im Brummen der Motoren und in den Geräuschen der Welt das das Lob der Schöpfung an seinen Schöpfer wieder neu zu entdecken.

Hubertus Brantzen