Date:16. Jun 2010

Die Heilkraft der Pflanzen

Zeichen der Zeit

Bennessel

Fotos: Oskar Müller

Ich spaziere gerne durch meinen Garten und betrachte die gewöhnlichen Pflanzen, wie sie dort ihr einfaches Leben führen. Unsere Vorfahren lebten in enger Verbindung zu den Pflanzen und kannten ihre Heilkräfte.

In den Klöstern des frühen Mittelalters wurde das Wissen über die Heilkraft der Pflanzen gesammelt, kultiviert und weiter entwickelt. Die Mönche bedienten sich griechischer und römischer Schriften, die aus der Zeit vor Christi Geburt stammten.

Die geistliche Motivation für die klösterliche Heilkunde stammt von Benedikt von Nusia. In der Regula steht:

„Die Sorge für die Kranken muss vor und über allem stehen: man soll ihnen so dienen, als wären sie wirklich Christus; hat er doch gesagt: Ich war krank, und ihr habt mich besucht, und: Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“

Einige der hoch geschätzten Heilpflanzen wachsen in unseren Gärten.

Ungeliebt, und doch so wertvoll, wächst in mancher unkultivierten Ecke unserer Gärten die Brennessel (Bild oben). Zu Zeiten der Klostermedizin wurden vielfach Abreibungen der Haut mit frischen Brennesseln zur Behandlung von rheumatischen Beschwerden, Ischias und Hexenschuss praktiziert. Auch die entschlackende und stoffwechselanregenden Wirkungen der Brennesse waren bekannt.
Hildegard von Bingen notiert in ihrer Physica:

“die Brennessel ist warm, und wenn sie warm aus der Erde sprießt, ist sie gekocht nützlich für die Speisen des Menschen, weil sie den Magen reinigt und den Schleim aus ihm wegnimmt”.

Die TCM sieht die Brennessel warm, erwärmend, trocknend, reinigend, nährt das Blut, leitet kalten Schleim aus. Erstaunlich, wie sich Hilegard’s Schilderung damit gleichen.
Auf der emotionalen Ebene beschreibt die TCM die reinigende Wirkung auf das Blut: “Sie reinigt es vom Alten, Überfälligen, von Aggressionen und gestauten Emotionen und schafft Raum für ein gesundes Selbstgefühl”.
 

Efeu

Der Efeu ist eine ganz besondere Charakter-Pflanze: Nach der Blütezeit im Herbst reifen die Früchte im Spätwinter und Frühling heran.
In den antiken Schriften wurde der Efeu als Symbol der Unvergänglichkeit verehrt. In den Klöstern durfte er an keiner Gartenmauer fehlen. In der Klostermedizin ist er in Rezepturen zur Schmerzbehandlung enthalten und wurde zur Behandlung von Katarrhen der Luftwege und chronisch-entzündlicher Bronchialerkrankungen eingesetzt.
 

Salbei

Die Blätter des Salbei standen seit der Antike sinnbildlich für das ewige Leben und galten als universale Medizin und wirksames Zauber- und Liebesmittel.
Schon der Name “Salbei” leitet sich von “salvare”, heilen ab und deutet auf eine besonders vielseitige Heilpflanze hin.
Beachtenswert ist der Zusammenhang zur Kehle, was auch meine Oma wusste. Litt jemand unter Heiserkeit/Halsschmerzen, hatte sie immer einige Salbeiblätter in einem Glas parat, aus dem sie einen Salbei-Sud kochte, den wir dann gurgeln mussten. Plagt mich heute die Kehle greife ich gedankenlos zur Tablette.

Wie gut es wäre, wir würden uns dieses Wissens erinnern.
 

Oskar Müller 
 

Quellen:

  • Birgit Frohn, Klostermedizin, dtv, 2001.
  • Rita Traversier / Kurt Staudinger / Sieglinde Friedrich, TCM mit westlichen Pflanzen: Physiotherapie – Akapunktur – Diätetik, Sonntag Verlag, Stuttgart 2005.
  • Tanja Hirschsteiner, Von Apfelessig bis Weißdorn. Die besten Haus- und Naturheilmittel, Verlag Graefe und Unzer, München 2000.