Date:24. Dez 2006

Der geköpfte Christus

Kunst · Theater · Literatur

 

Die Inszenierung von Mozarts „Idomeneo“ durch den Regisseur Hans Neuenfels an der Deutschen Oper in Berlin sorgte für Aufregung. Im Epilog wurde ein schockierendes Schlussbild vorgeführt: König Idomeneo von Kreta stellt die abgehackten, blutenden Köpfe der drei Religionsgründer Jesus, Buddha und Mohammed neben den Kopf des Meeresgottes Poseidon auf Stühlen auf.

Die Handlung der Oper:
Idomeneo gerät bei seiner Heimkehr nach Kreta kurz vor der Landung in Seenot. Er beschwichtigt den Zorn des Meeresgottes Poseidon, indem er ihm verspricht, den Menschen  zu opfern, der ihm als erster am Ufer entgegenkäme. Das ist dann ausgerechnet sein Sohn und Thronerbe Idamanthes. Der Vater will dem Schicksal ausweichen, indem er seinen Sohn auf eine Insel schicken will, was ein Meerungeheuer verhindert. Schließlich soll es doch zur Opferung des Sohnes kommen. Ilia, eine im Palast gefangene Trojanerin, die Idamanthes liebt, will sich statt des geliebten Mannes opfern lassen. Idomeneo hebt bereits das Messer, da beendet – man wird an Genesis 22 mit Abrahams Opferung des Isaak erinnert – die Orakelstimme aus der Poseidon-Statue den Wettstreit der Liebenden: „Idomeneo, du hast die Schuld gebüßt. Idamenthes sei König und Ilia seine Gattin.“

Gottesbild
Zu Recht kann man an den antiken Stoff die Frage stellen, was hier als Gottesbild verarbeitet wird: Gott – ein Tyrann, ein eifersüchtiger Hüter seiner Vorteile, ein machtgieriger Schicksalsherrscher. Mit diesem Gottesbild haben die Menschen bis auf den heutigen Tag zu kämpfen. Und wenn Gläubige im Namen ihres Gottes Kriege führen, dann kann man tatsächlich wünschen, es gäbe diese Götter nicht.

Und das versucht der Regisseur darzustellen: Wenn Götter, gleichgültig welche es sein mögen, solchen Druck auf Menschen ausüben und sie in die Verzweiflung treiben, gehören sie abgeschafft.

Doch ein Verstehen auf dieser Abstraktionsebene ist nicht jedermanns Sache. Am Ende prägt sich uns das Schlussbild ein: Die Gründer der großen Religionen gehören geköpft.

Eine weitere Frage ist, wie geschmackvoll eine solche Darstellung ist. Provozierend allemal. Vielleicht sogar gewollt, um politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit zu wecken, was auch vortrefflich gelungen ist.

Unsere Frage zum Weihnachtsfest:
Was ist das für ein Gottessohn, dessen Geburt ich, wir, die Christenheit feiern?
Es ist kein Gott, der die Menschen in schicksalhafte Ausweglosigkeit hineinmanövrieren will, sondern sie gerade daraus befreien will. 

Hubertus Brantzen