Der Fastnachtsbrunnen

Gebet

Da sitzt das Mädchen mit einem lustigen Tütenhut
auf dem langen Horn eines Einhorns.
Ein Narr hält in einer Hand einen hohen Mondstab,
in der anderen Hand einen Stab mit dem Gott Jokus an der Spitze,
und auf seinem Kopf thront eine Nymphe mit Krone.
Vor ihm steht ein Junge,
der sozusagen in Sachen Fastnacht angelernt wird.

Das Lebens mischt sich mit Fabelwesen, Naturerscheinungen,
mythologischen Gestalten und Karnevalsbrauchtum
am Fastnachtsbrunnen.

Seit dem 11.11. des vergangenen Jahres
hat wieder die närrische Jahrezeit begonnen.
Das karnevalistische Treiben hat sich in den vergangenen Wochen
auf den Straßen und in den Sälen verdichtet.
Und jetzt gibt es bis zum Aschermittwoch kein Halten mehr.

Lachende Gesichter,
frohe Kinder,
ausgelassene Erwachsene,
Menschen, die sonst nicht aus sich herausgehen,
werden jetzt übermütig.

Da kann es mir schon passieren,
dass ich in den vollgestopften Straßen
in eine Richtung geschoben werde,
in die ich gar nicht wollte.
Doch wenn mir überall strahlende Gesichter entgegenblicken,
dann darf das auch mal sein.

Gott der Freude,
Menschen, die oft nichts zu Lachen haben,
schenkst du in diesen Tagen ein lustiges Treiben.
Menschen, die sonst nur gehemmt in die Welt blicken,
können sich einmal im Jahr etwas trauen.
Menschen, die der Alltag oft einsperrt,
fühlen sich wie Gefangene mit einigen Tagen Ausgang in die Freiheit.

„Helau“ rufen die Menschen rundum begeistert.
Die Wenigsten wissen,
dass sie in abgewandelter Form „Halleluja“ rufen.
Wie hieß es noch gleich im Psalm:
Aus dem Mund der Kinder und Narren – oder so ähnlich –
hast du dir Lob bereitet.

Natürlich gibt es einige,
die über die Stränge schlagen.
Doch deretwegen lässt du dieses Fest nicht ausfallen.
Du schaust mit Wohlgefallen
auf die langen Freudenzüge,
die sich durch die Hauptstädte des Karnevals schlängeln.

Lass mich und alle in diesen Tagen und Stunden
ungetrübte Freude erleben,
die auch am Aschermittwoch noch nachklingt.

HB