Du Gott meiner Zeit,
wieder ist ein Abreißkalender
an seinem letzten Blatt angekommen.
An jedem Tag
habe ich eines der 365 Blätter
abgerissen
und dabei gespürt,
wie sich mein Leben entfaltet
und zugleich mit den Blättern verbraucht.
Du senktest mir Jubel ins Herz
bei Erfahrungen,
die aus deiner göttlichen Liebe entsprungen sein müssen:
ein großes Familienfest,
der persönliche Erfolg eines Sohnes,
neues Leben im Leib einer Mutter.
Du hauchtest mir stille Freude ein,
als kleine Umarmungen des Lebens
mich auf den Wogen deiner Sorge schaukeln ließen:
der vertrauensvolle Wunsch eines Kindes,
der liebevolle Blick meiner Frau.
Du entlocktest mir Staunen,
als mich mein Wille in eine Sachgasse führte,
dein Zauberwort der Liebe
dann aber die Sackgasse
in eine Durchgangsstraße verwandelte:
bei einem riskanten Projekt, das ich ausheckte,
in der Beziehung zu einem lieben Menschen.
Du provoziertest meine Enttäuschung,
als ich Elend und Not nicht verstehen konnte:
in der Verzweiflung einer jungen Mutter,
beim Zerbrechen einer Beziehung,
in den Trümmern zerstörter Häuser und Menschen,
die uns die täglichen Weltnachrichten präsentieren.
Ich danke dir am Ende dieses Jahres,
dass du meinen Glauben bewahrt hast.
Du hast mir gezeigt:
Wenn ich deine Spuren suche,
lässt du dich finden.
Wenn ich deine Spuren finde,
darf ich ahnen,
dass du mir Geborgenheit anbietest.
Wenn ich in dir geborgen bin,
dann wird sich mein Leben entfalten.
Wenn ich in dir geborgen bin,
dann darf es sich auch verbrauchen,
weil am Anfang
und am Ende
Du
immer
da bist.