Date:27. Jul 2008

Das Paulusjahr- eine Spur Gottes

Zeichen der Zeit

Quarz

 

Gott spricht zu uns auf vielfältige Weise. Eine seiner Stimmen ist immer wieder auch die Stimme des Papstes. So ermutigt er uns durch ihn, die nächsten Monate, ein Jahr lang, als ein Paulusjahr zu begehen. Interessant die positive Reaktion darauf in unserem Land. Auch das ist seinerseits wieder eine Gottesstimme. Deshalb will ich eine kleine Überlegung zu Paulus anfügen.

Herbert King
 

1. Neues wagen.  Zunächst bewundere ich die Kühnheit des heiligen Paulus, wie er Neues wagte und das Alte beiseite schob.

Zum einen im Bereich der Juden. Das Gesetz sollte nicht mehr gelten. Endlich konnten Menschen, die gerne die israelische Religion übernommen hätten, aber die Beschneidung und das Ritualgesetz nicht übernehmen wollten, sich dem jüdischen Monotheismus und seiner hohen humanistischen Ethik anschließen. Für die Juden selbst, die Christen wurden, bedeutete das eine sehr nachhaltige Entwurzelung. Das Heiligste und Göttlichste, das Gesetz sollte nicht mehr gelten, nicht gegolten haben.

Die Heiden, die zum Christentum kamen, wurden aber nicht weniger entwurzelt. Ihr tiefe Verwurzelung in der heidnischen Religion, ihrer Symbolik, ihren Gestaltungen, heiligen Texten und heiligem Orten sollten keine Geltung mehr haben. Ja sie wurden von der neuen Religion verachtet und sogar als Gotteslästerung hingestellt.

Eingetauscht haben beide eine große Liebe, Sendung, Glaube und Hoffnung. Das war Ersatz genug, nicht ohne Krise ging das, denke ich.

Wir können die genannten Prozesse heute in Afrika und Asien beobachten, wo das Christentum heute Wurzeln schlägt. So sehr viele Christus mit ganzer Liebe umfassen, ist es doch nicht leicht, den richtigen Umgang mit der eigenen Tradition und seinen Gesetzen zu finden.

Aber auch das traditionelle Christentum in seinen Stammlanden musste einen Prozess durchmachen, der ihm die feste Stütze eines dem jüdischen Gesetz in seiner Ausgeklügeltheit durchaus nicht nachstehenden Gesetzeswerkes nahm. Die Folge war eine weitgehende Verunsicherung bezüglich dessen, was gilt, auch weiterhin gelten sollte. Und als Gegengeschenk: das Angebot einer persönlichen Entdeckung Jesu Christi und eines persönlichen aktiven Engagements in seiner Kirche. Dies haben nicht wenige wahrgenommen. Sie fühlten sich befreit und gleichzeitig neu gebunden.

2. Paulus steht als Begründer der Kirche vor uns. Nicht ein Dekret, nicht eine staatliche Verordnung, oder gar ein ausländisches Heer haben das Christentum implantiert. Es entstand auf dem Bewegungswege in der Weise eines wachsenden Netzwerkes. Paulus hat Gruppen (Gemeinden) um sich versammelt, versuchte einen möglichst engen Kontakt zu diesen zu halten. Seine Christen gewann er im Gespräch. In seiner Werkstatt als Zeltmacher sitzend hat er die Zeit einfach genützt, um auf das ihm in Jesus Christus Geschenkte hinzuweisen. Und er hat sich führen lassen. Die von ihm Angesprochenen und eventuell Gewonnenen haben es wieder weitergesagt.

Ich denke, dass wir hier das Urmodell von Kirche vor uns haben, das wir vor allem heute und in unserem Land vor Augen haben sollten. In immer neuen Situationen begegnen wir Menschen, mit denen wir das Christsein teilen oder begegnen solchen, die auf dem Weg vom Christentum weg sind oder wieder dahin. Immer geht es darum, Fühlung (ein ur-kentenichsches Wort) mit diesen zu haben.

3. Stütze für die neue Einwurzelung und Ersatz für das Aufgegebene bot die menschlich-religiöse Wärme des neuen Netzwerkes.

Nicht zuletzt Paulus selbst hat hier eine bergende und väterliche Funktion ausgeübt. Darüber will ich hier noch etwas darlegen. Ich habe solche Stellen abgeschrieben, in denen das Herz des Paulus und die selbstverständliche Anerkennung und Äußerung seiner affektiven Bedürftigkeit zum Ausdruck kommt. Er ist nicht ein ungeschlachter Haudegen und eiserner Willensmensch, der alles einfach so wegsteckt. Seine große Kraft kommr nicht allein von seinem starken Willen, sondern ist Ausdruck einer ganzheitlichen natürlich-übernürlichen Liebe. Wie stark die auch affektive Bindung der Gemeidnen an Paulus ist, und die des Paulus an diese, beleuchtet folgende Begebenheit der Verabschiedung in Milet (Apg 20, 31, 35-38).

“Seid also wachsam und denkt daran, dass ich drei Tage und drei Nächte nicht aufgehört habe, unter Tränen jeden einzelnen zu ermahnen. (…) In allem habe ich euch gezeigt, dass man sich auf diese Weise abmühen und sich der Schwachen annehmen soll, in Erinnerung an die Worte Jesu, des Herren, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen.
Nach diesen Worten kniete er nieder und betete mit ihnen allen. Und all brachen in lautes Weinen aus, fielen Paulus um den Hals und küssten ihn, am meisten schmerzte sie sein Wort, sie würden ihn nicht mehr von Angesicht sehen. Dann begleiteten sie ihn zum Schiff.”