Da musst du dich durchboxen

Zeichen der Zeit

Pratzen - Foto: Heike Bulle

Foto: Heike Bulle

Da musst du dich durchboxen!
– Oder wie man die (eigene) Mitte findet

Das sind sie: Meine Pratzen! Seit einiger Zeit trainiere ich immer öfter damit. Ich weiß genau worauf ich achten muss: Ich muss einen festen Stand einnehmen, mich genauestens ausrichten und mich auf die Mitte konzentrieren. Die Armhaltung beachten und die Kraft aus der Bewegung und aus dem ganzen Körper holen. Den Atmen möglichst ruhig fließen lassen. Am besten stellt man sich vor, man schlägt durch sein Gegenüber durch. Ohne mit der Wimper zu zucken. Und dabei stets die eigene Mitte schützen.

Würde ich bereits alle Techniken beherrschen, fiele mir der letzte Punkt wohl immer noch schwer. Durchboxen. Das ist nicht gerade meine Stärke. „Noch nicht“ höre ich mich denken, denn ich habe gelernt, dass „kann ich nicht“ mich nicht weiterbringt.

„Durchboxen“. Das hat viel mit Willensstärke zu tun. Mit extremer Klarheit. Ich muss mein Ziel so klar sehen, ja sogar im Geiste schon spüren, dass es kaum noch möglich ist, es nicht zu erreichen. Scheint perfekt dem Lebensgefühl zu entsprechen, das mir so oft in unserer Gesellschaft und unserer heutigen Zeit begegnet: Ellenbogen raus, ab durch die Mitte, jeder schaut zuerst nach sich selbst…

Aber in diesem Training steckt viel mehr. Ich lerne zu kämpfen, ja. Aber ich lerne auch genau zu prüfen wann und wofür. Ich lerne Entscheidungen bewusst zu treffen und dann nur dasjenige hartnäckig zu verfolgen, was ich als gut, richtig und wertvoll erkannt habe. Weil es sich für diese Dinge lohnt. Dranbleiben. Unerschütterlich glauben, dass ich schaffe, was ich vorhabe. Zu wissen, wenn es drauf ankommt, kann ich mich und meine Werte verteidigen, kann ich mich durchboxen. Gerade als Christin. Nichts anderes hat Ignatius von Loyola, der ehemalige Soldat, gemacht, als er seine Exerzitien erfand, die ja bis heute vielerorts praktiziert werden.

Heike Bulle