Bischof Reinhold Nann, Peru

 Christus über RioFoto: pixabay.com

“Viva Christo Rey”

18.11.2020

An diesem Sonntag feiert die Kirche das Fest Christkönig. In schwierigen Zeiten, besonders in Diktaturen oder Zeiten der Christenverfolgung, bekam dieses Fest eine besondere Bedeutung: Nicht der Diktator ist der eigentliche Herrscher, sondern Christus. Das relativiert die weltliche Macht und gibt Stärke im Widerstand. Das war so im sogenannten Dritten Reich in Deutschland und auch während der Christiada, dem Kampf um die Unabhängigkeit der Kirche im mexikanischen Religionskrieg (1926-29). Der Schlachtruf war damals “Viva Cristo Rey” – “Es lebe Christus, der König”.

Zur Zeit gibt es ganz eigene Machtkämpfe in verschiedenen Ländern: Wer die Macht hat, sträubt sich, diese abzugeben, so Donald Trump in den USA oder Nicolás Maduro in Venezuela. Auch in Chile vor einem Jahr und nun in Perú gingen Tausende auf die Straße: unzufrieden mit einer politischen Klasse, die nur ihre persönlichen Vorteile suchte, kam durch die sozialen Medien eine plötzliche Politisierung der Jugend. Sie lehnte alle traditionellen Parteien ab, wollte eine neue Verfassung, einen Neuanfang mitten in der Krise. Ein amerikanischer Frühling?

In Perú trat vor wenigen Tagen der Übergangspräsident Merino nach nur 5 Tagen im Amt zurück. Die Kirche zeigte überraschenderweise Sympathien für die Demonstranten. Sie wurde daher nicht mit dem Establishment identifiziert, sondern konnte vermitteln.

Wenn Christus König ist, wenn wir sein Reich suchen und nicht einen vorübergehenden politischen Einfluss, dann werden wir unabhängig von der kurzsichtigen Parteipolitik und können uns für Werte einsetzen, die die Demokratie heute dringend braucht: Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit gegenüber einer ganz allgemeinen Korruption; Einsatz für die Ärmsten der Bevölkerung gegenüber einer egoistischen Gewinnsucht ohne Grenzen. Es geht um das Allgemeinwohl, um eine soziale Brüderlichkeit.

Das ist es, was die Jugendlichen nicht nur in Peru reklamieren und was Papst Franziskus meisterhaft in “Fratelli Tutti” ausgedrückt hat. Trotz der Extremisten von Rechts und von Links: Wir müssen wieder diese universale Geschwisterlichkeit entdecken, die für uns Christen in der Kindschaft in Gott gründet. Wir brauchen einen neuen gesellschaftlichen Sozialvertrag.

“Ein Individuum kann einer bedürftigen Person helfen, aber wenn es sich mit Anderen vereint, um soziale Prozesse der Geschwisterlichkeit und Gerechtigkeit für alle anzustoßen, treten wir in das Feld der äußersten Nächstenliebe ein, das Feld der politischen Nächstenliebe.” (Fratelli Tutti 180)

“Viva Christo Rey”!

 

Bischof Reinhold Nann, Caravelli / Peru

siehe Veröffentlichung: basis-online.net