Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda

Foto: Hubertus Brantzen

Was treibt uns an?

… in diesen Zeiten treibt uns vieles an, was „eine Reaktion auf …“, ein „Handeln gegen …“ ist. Zweifelsohne ist das sehr notwendig, ob aktuell im Blick auf die Omikronvariante oder im Sommer beim Einsatz in den von der Flut verwüsteten Regionen Deutschlands. Dabei haben wir immer wieder auch erlebt: Ein „Handeln gegen …“ kann zusammenschweißen und solidarische Kräfte wecken. Gerade in der Phase des ersten Corona-Lockdowns war das deutlich spürbar und in konkreten Solidar-Aktionen erfahrbar. Inzwischen erleben wir aber verstärkt Polarisierungen in der Gesellschaft. Offenbar hat die zwischenmenschliche Bindekraft, die aus einem gemeinsamen „Handeln gegen …“ entsteht, nur eine sehr begrenzte Halbwertszeit.

Was treibt die Menschen an, die wir an Weihnachten an der Krippe finden? Was treibt Maria und Josef an auf ihrem Weg nach Bethlehem und auf ihrer Flucht aus Bethlehem? Auch bei ihnen ist es – den Evangelien zufolge – ein „Reagieren auf…“ – vor allem auf das Agieren der Mächtigen ihrer Zeit.

Doch bei Maria und Josef finden wir noch eine wesentlich andere Energiequelle: Es ist die tiefe Begegnung mit dem Kind, das schutzlos in der Krippe liegt. Daraus wird ein „Handeln für“, ein Einsatz für das Leben. Das schweißt zusammen – nachhaltig und wird so ihren Weg prägen über sehr viele Jahre hinweg.

Dass die „Begegnung mit“ und das „Handeln für“ wirklich die tiefere Dynamik ist, die mich und mein Handeln bestimmt, kann ich nicht beschließen. Spätestens beim nächsten Widerstand spüre ich, welche Dynamik mich in der Tiefe meiner Seele tatsächlich antreibt. Maria und Josef sind zu zweit unterwegs. Suchen wir in unseren Begegnungen danach, diese Dynamik bei uns und beim Gegenüber zu stärken! Ob und wie das dann tatsächlich geschieht, bleibt wesentlich ein Wirken der Gnade Gottes.

Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest!

 


Bischof Dr. Michael Gerber, Fulda

Siehe Veröffentlichung: basis-online.net