Benedikt XVI. als Spurensucher

Zeichen der Zeit

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Website Zeit-online von 12.02,2013

Sein Rücktritt ist eine echte Sensation. Doch aber auch viel mehr. Dieser Papst geht einen Schritt, den seit über 700 Jahren kein Papst mehr gegangen ist. Er tritt zurück. Das geht so sehr gegen alle Gewohnheit, dass mehr hinter dieser Entscheidung stecken muss.

Ich stelle mir den Entscheidungsvorgang so vor:

Papst Benedikt nahm hell die Probleme der Kirche in den vergangenen Jahren wahr, versuchte, so gut er konnte, den Streit und die Skandale in der Kirche sowie die Anwürfe und Anschuldigen von außen zu meistern. Er hat nicht alles nach jedermanns Geschmack und Vorstellungen gemacht. Doch sein Bemühen, ein guter Petrus-Nachfolger zu sein, war offensichtlich.

Besonders nach seiner letzten schweren Reise nach Brasilien spürte er aber, dass seine Kräfte rapide abnahmen. Er sieht die Anforderung seines Amtes, sieht seine Schwäche und deutet beides als Spuren Gottes, als Hinweise für sein Handeln. Diese Spuren bedeuten für ihn so viel, dass er Erwartungen und Gewohnheiten hintanstellt und sich für einen Rücktritt entscheidet.

Das ist Verantwortung pur. Wahrnehmen seines Amtes ohne jeden Machtanspruch. Gelebte Demut.

Damit wird er zum Vorbild aller Spurensucherinnen und Spurensucher, die versuchen, die Wünsche Gottes aus den Realitäten des Lebens zu erahnen, und mutig Schritte gehen.

Hubertus Brantzen