Manchmal ist es dann doch eine nackte Zahl, die mitten hinein in ein Zeichen der Zeit führt. Knapp 360.000 Menschen haben im Jahre 2021 die katholische Kirche in Deutschland verlassen, etwas mehr als 360.000 Menschen leben noch in meinem Heimatbistum Fulda. Ein komplettes Bistum, in einem Jahr verschwunden, das ging mir spontan durch den Kopf, als die Zahlen Ende Juni bekannt gegeben wurden (> Zur Statistik). Die Reaktionen der Bischöfe fielen wie erwartet aus: Einige bekundeten Betroffenheit und Trauer, andere sprachen von einem Weckruf. Trotz Ukrainekrieg und Energiekrise schaffte es die Zahl 360.000 auch weit nach vorne in die Nachrichten, in unserer Lokalzeitung, den Fuldaer Nachrichten, war es gar Titelthema.
Hilfreich und weiterführend, wie es mit kirchlichem Leben in dieser Situation weitergeht, sind für mich Überlegungen von Jan Loffeld, so z.B. in einem im Internet gut auffindbaren Artikel aus 2021: www.euangel.de. Loffeld, ein Münsteraner Priester, der Theologie in Tilburg in den Niederlanden lehrt, hält sich nicht mit einem bedauernden Blick zurück in die Zeit der Volkskirche auf. Vielmehr denkt er darüber nach, was denn in Zukunft Auftrag und Sendung einer Kirche in der Minderheit sind. Das nämlich ist wie in den Niederlanden die Situation in unserem Land, in dem nicht mehr alle Christinnen und Christen sind, aber dennoch überall noch Christinnen und Christen anzutreffen sind.
Und er stellt die ganz entscheidende Frage: Versteht sich Kirche in der Minderheit zukünftig exklusiv als glaubensstarker „heiliger Rest“ in scharfer Abgrenzung zur Welt um sie herum oder als eine Kirche, die sich inklusiv „durch einen positiven Zugang zu ihrer Umwelt konturiert“ sieht.
In allen notwendigen Struktur- und Reformdebatten gilt es diese Grundfrage im Blick zu haben. Dass Loffeld Sympathien für eine inklusive Kirche der Minderheit hat, spürt man in seinem Artikel. Diese Sympathie teile ich ganz und gar.