Date:25. Jan 2012

„… und das, wo sie doch Deutschland so liebten!“

Kunst und Kultur

Plakat Ausstellung

Ausstellungsplakat

– Exil – innere Emigration – Remigration  – nach 1945

Nach der Machtübernahme durch Adolf Hitler setzte 1933 eine maßlose Judenverfolgung und die vollständige Unterdrückung jeglicher Opposition ein. Viele, die die Gefahr erkannten, ergriffen die Flucht ins Ausland. Doch Exil bedeutete auch Entwurzelung, Existenzbedrohung und nicht zuletzt wegen der Sprachprobleme Isolation. Andere Gegner des Nationalsozialismus blieben und traten die innere Emigration an. Nach Kriegsende war nicht wenigen Exilanten die Heimat fremd geworden. Andere trugen maßgeblich zur Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaat in der Bundesrepublik Deutschland bei.

Eine Ausstellung im Mainzer Dom und in der Christuskirche erinnert an das Schicksal der Exilanten. Ergänzend zur Ausstellung gibt es verschiedene Veranstaltungen.

Anne-Madeleine Plum

>> Ausstellung

 

Eröffnungsvortrag – ein Bericht

„… und das, wo sie doch Deutschland so liebten!“  Exil – innere Emigration – Remigration nach 1945

Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
– 27. Januar 2012

Eröffnet wurde diese Veranstaltungsreihe in Mainz mit einem Vortrag des bekannten Germanisten Prof. Dr. Hermann Kurzke. Er ging der Frage nach, welchen Einfluss das 3. Reich auf die Lebensläufe von Schriftstellern hatte. Ein gewagtes Unterfangen bei einer solchen Fülle von Autoren, wie er selbst einräumte, das natürlich nur holzschnittartige Analysen zulässt. Umso spannender waren diese allerdings. Die Autorenliste reichte von Johannes R. Becher, Heinrich Böll, Berthold Brecht, Hans Magnus Enzensberger und Günter Grass bis Anna Seghers, Martin Walser, Christa Wolf und Arnold Zweig. So vielfältig die Persönlichkeiten, so unterschiedlich ihre Biographien und so vielschichtig die Brüche im Lebenslauf.
Da gibt es Autoren, die ins Exil gingen und dort scheiterten. Autoren, die sich anpassten und Schund schrieben. Autoren, die sich in allem Wandel treu blieben. Autoren, die mit dem durch Anpassung erkauften Erfolg später nicht fertig wurden. Autoren, die ins sozialistische Deutschland zurück gingen. Autoren, die Hitlers Regime anprangerten, aber den stalinistischen Terror ausblendeten. Autoren, die nie mehr deutschen Boden betraten. Autoren, die sich im Nachhinein als Verfolgte rühmten. Autoren, die wirklich verfolgt waren, aber Schwierigkeiten hatten, das der Besatzungsmacht klar zu machen. Autoren, die sich treu blieben, aber das Leben nicht mehr ertrugen. Und andere, die nichts mehr zu sagen und zu schreiben hatten.

Keiner blieb wirklich unberührt von dem, was im Deutschland der Nazizeit vor sich ging. Ganz gleich, ob das Regime und seine Kulturpolitik sie psychisch oder familiär leiden ließ, ob es sie moralisch korrumpierte oder wirtschaftlich vernichtete.

Für die Zuhörer war der Abend mit dem Vortrag noch längst nicht beendet. Erinnerungen kamen hoch, an eigene Kindheit und familäre Situationen, an den Deutschunterricht und die Auswahl an Dichtern, mit denen er vertraut machte. Biographisches, Politisches und Literatur verbanden sich auch in ihren Gedanken und Anfragen.

Ein Wort dieses Abends hallte in meiner Erinnerung nach: Das Wort vom Dichter, der „ausgeschrieben“ ist. Der nichts mehr zu sagen hat, weil er in der entscheidenden Zeit nicht den Mut fand, die notwendige Botschaft im Widerstand gegen den Zeitgeist zu formulieren.

Vielleicht sind die Dichter paradigmatisch für das, was Christsein bedeutet. Christen haben den prophetischen Auftrag, eine Botschaft zu formulieren, ganz unabhängig davon, ob diese gelegen oder ungelegen kommt, ob sie der Karriere dienlich ist oder nicht. „Ausgeschrieben“ sind wir dann, wenn wir nichts mehr zu sagen haben, was nicht tausend andere auch sagen. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, um es mit den Worten Jesu zu sagen.

Man darf gespannt hoffen, dass der Referent seine Ankündigung wahr macht, und es nicht bei dem Vortrag allein bewenden lässt.

 

Anne-Madeleine Plum